Wenn du stotterst, und vielleicht sogar schon eine Therapie bei Logopäden oder Sprechtherapeuten gemacht hast, wird dir das Zwerchfell bereits ein Begriff sein. Es ist eines deiner größten und wichtigsten Muskeln in deinem Körper und der Hauptverantwortliche für die Atmung. Eine tragende Rolle also.
Vielleicht stößt du auch auf den Begriff Diaphragma, der aber nichts mit der Verhütungsmethode für Frauen zu tun hat! 😉 Es ist lediglich ein medizinisches Synonym für das Zwerchfell.
Die alten Griechen bezeichneten jenen Atemmuskel und dessen phrenischer Nerv, durch den die Nervenversorgung stattfindet, auch als Sitz der Seele. Oder auch Sitz der Emotionen.
Das ist gar nicht so weit hergeholt, wenn du dir überlegst, in welchem Bereich deines Körpers du starke Gefühle wahrnimmst!? Spür das nächste Mal in dich hinein, wenn du verliebt bist, Liebeskummer hast, eine starke Wut verspürst oder dir etwas mulmig bei einer Sache ist.
Ganz besonders merkst du es, wenn dich jemand erschreckt. Dann bleibt dir sogar die Luft weg! Selbst jemand der nicht stottert, klappt wahrscheinlich leicht mit dem Oberkörper nach vorne und bringt in diesem Moment keinen Ton mehr heraus.
Was ist bei diesem Schrecken passiert?
Das Zwerchfell ist aufgrund einer Panik, die vom Zentralen Nervensystem als Signal in die Muskeln geschickt wurde, in eine Angststarre gefallen. Dadurch ist es ruck- und schlagartig blockiert und hat jede Bewegung eingefroren.
Es gibt jedoch unterschiedliche anatomische Verknüpfungen, die dir für symptomreduziertes (oder irgendwann sogar symptomfreies) Sprechen sehr hilfreich sein können.
Die 2 Verknüpfungen des Zwerchfells
Zum einen knüpft es am Rippenbogen an, genauer gesagt am Brustbein (Sternum). Zum anderen verbindet es sich im hinteren Körperbereich mit der Wirbelsäule. Dies ist wichtig zu wissen, denn daraus ergeben sich mehrere Bewegungsmöglichkeiten des Zwerchfells.
Noch vielseitiger wird es, wenn wir die zweite große Atemmuskulatur mit ins Spiel bringen: Die Zwischenrippenmuskulatur. Sie ist als Co-Produzent vorgesehen, macht sich aber bei vielen Homo Sapiens Sapiens oft wichtiger als nötig und dienlich.
Im Hinblick auf die eben erwähnten Muskeln und deren Verknüpfungen ergeben sich nun verschiedene Möglichkeiten der Atmung:
Die Atmung über die Brusthöhle
Das Diaphragma, respektive Zwerchfell, stammt aus dem Latein und bedeutet soviel wie Trennwand. Es trennt die Bauchhöhle von der Brusthöhle, auch Thorax genannt.
Viele Menschen nutzen das Zwerchfell nur geringfügig, um Luft zu schnappen. Je weniger die tiefe Zwerchfellmuskulatur eingesetzt wird, desto mehr läuft es tatsächlich auf eine Schnappatmung hinaus – im Extremfall. Ein Großteil bedient sich durch den Tag hindurch an eben jener Brustatmung. Diese beschreibt eine flache Atmung, die hauptsächlich durch die Muskeln zwischen den Rippen, auf Fachchinesich auch Interkostalmuskulatur, erzeugt wird.
Wie erwähnt, fällt ihr ureigentlich die Rolle des Co-Produzenten zu, falls mehr Energie und Sauerstoff benötigt wird. Wenn wir körperlich schwere Arbeit verrichten oder der Körper aufgrund von Stress und Angst mehr Energie für Kampf oder Flucht bereitstellen möchte, verhelfen diese Zwischenrippenmuskeln der Lunge zu noch mehr Volumen. Die Brust expandiert und atmet schneller.
Die Atmung über die Bauchhöhle
Wenn du schon einmal Meditation oder andere Entspannungstechniken über den Atem praktiziert hast, wirst du den Unterschied zur tiefen Bauchatmung kennen. Diese bringt viele Vorteile mit sich, eingeschlossen der angst- und stressreduzierenden, ja äußerst beruhigenden Wirkung auf die Nerven. Juhu.
Trotz allem ist unser Freund Zwerchi immer mehr oder minder beteiligt. Ein treuer Arbeiter auf Provisionsbasis, könnte man sagen. Wenn er mehr arbeitet, erzeugen wir über den Parasympathikus im vegetativen Nervensystem mehr Gelassenheit und indirekt mehr positive Schwingungen.
Der Begriff Bauchatmung ist im Grunde etwas irreführend. Wir atmen dabei nämlich genau genommen die Luft nicht in den Bauch. Die Atmung „in“ oder „mit“ Bauch deutet lediglich auf den Oberkörperteil, der sich wölbt.
Aber warum wölbt er sich, wenn gar keine Luft in den Bauch strömt?
Während die Wölbung und Expansion im Thorax bei der flacheren Brustatmung durch die Zwischenrippenmuskeln geschieht, tritt sie im Abdomen (Bauchhöhle) aus anderem Grund auf: Da das Zwerchfell bei der Einatmung kontraktiert und sich nach unten zusammenzieht, um mehr Lungenvolumen zu generieren, braucht es ja irgendwo mehr Platz. Der Bauchraum ist aber bereits besetzt durch diverse Organe.
Wohin mit diesen Organen? Die sind ja wichtig.
Der Körper drückt sie einfach nach vorne und schafft Platz fürs Zwerchfell. Somit wölbt sich deine Bauchdecke. Klingt heikel, ist aber gesund und genauso gewollt 😉
Die Atmung über die Mitte und die Flanken
Das Zwerchfell ist aber nicht nur eine Trennwand zwischen Brust und Bauch. Man könnte es auch als Verbindung sehen! Dadurch wird aus Kontrahenten wieder Teamplayer.
Wie schon vermerkt: Wenn der Körper mehr Sauerstoff benötigt, reicht die entspannte Bauchatmung nicht aus. Deshalb kann durch die Muskeln in den Rippen auch die Brusthöhle erweitert werden, um noch mehr Vakuum in der Lunge zu erzeugen. Mehr Luft kann einströmen. Je mehr Luft hineinfließt, desto mehr Gasaustausch findet über die Lungenbläschen mit dem Blut statt. Dann kann wieder Kohlenstoffdioxid ausgeatmet werden und der Zyklus beginnt von neuem.
Eigentlich genial, oder? Ich finde die Natur fast atem-beraubend. Aber den Atem brauchen wir ja noch.
Bei jedem Sänger, der einen starken, langen Ton singen will, wird das Zwerchfell stark aktiv und hält eine gewisse Spannung. Wenn der Rippenbogen auch noch mitspielt und ein angemessenes Volumen erzeugt, kann der Ton entsprechend lange und stark gehalten werden.
Merken tun wir diese Atmungsweise, wenn sich nicht nur der obere Teil der Bauchdecke hebt, sondern sich auch unsere Flanken dehnen. Wenn du deine Hände auf Höhe des Solarplexus an den Rücken legst (an den Seiten), kannst du es besser erspüren.
Das Zusammenspiel zwischen Zwerchfell- und Kostalatmung, die sich auf deine Mitte und deine Flanken auswirkt, schenkt dir in der Regel mehr Sprechpower. Wir könnten von einer flankierten Zwerchfellatmung reden, die sowohl einen Teil deines Bauchraumes als auch deines Brustbereichs anspricht. Sie hält das Zwerchfell unter Kontrolle und produziert einen stabilen Luftstrom, sodass die Sprechweise davon profitiert. Wenn ich als Redner auf einer Bühne in hoher Energie und Ausdrucksstärke zum Publikum spreche, geschieht eben dieser Vorgang.
Visualisierung kann das Ganze unterstützen? Ich persönlich visualisiere gerne, wie ich in den Rücken atme. Wenn du also aus dem Verwirrspiel aus Bauch-, Brust-, Kostal- und Zwerchfellatmung etwas Einfacheres zaubern willst: Mach eine Rückenatmung daraus! Wenn du die Dehnung im Rücken spürst, dann macht das Zwerchfell seinen Job gut!
Wichtig ist, nicht in Hyperventilation zu geraten, wenn mehr Luft eingeatmet wird, als Zeit da ist, diese zu verarbeiten und wieder auszuatmen. Deshalb empfiehlt es sich, die Luft auch immer ganz gehen zu lassen. (Bitte aber durch den oberen, nicht durch den unteren Ausgang!)
Ist die Atmung der Generalschlüssel für flüssiges Sprechen?
Nein, sie ist nur ein Teilchen des Schlüsselbartes, der dir das Tor zum symptomfreien Sprechen öffnen kann. Atemtechniken können uns wichtige Anfangserfolge bescheren, die zur Steigerung des Selbstvertrauens dienen und eine kurzfristige Möglichkeit bieten, in Stresssituationen sofort für Erleichterung zu sorgen. Instant-Helfer sozusagen.
Die anderen Teile vom Schlüsselbart sind komplexer. Sie behandeln das Zusammenspiel von Psyche und dem Atem- und Sprechvorgang. Denn alles was bei deinem Stottern passiert, ist ein Signal vom Zentralen Nervensystem. Dieses ist wiederum eine Schalt- und Schnittstelle deines Un(ter)bewusstseins, das von teils tief verborgenen Programmen gesteuert wird; sogenannten Synapsen und neuronalen Verknüpfungen.
Wer sein Stottern langfristig auf ein angenehmes Maß bringen oder sogar ganz überwinden will (ich rede nicht von Heilung!), der braucht andere Verknüpfungen! Und wie wir alte destruktive durch neue konstruktive Verknüpfungen ersetzen, ist ein spannender und zugleich entspannender Prozess, den ich gerne mit dir gehe! Es wartet eine neue Identität auf dich, in der Stottern keinen Platz mehr haben wird!
Lust drauf? Dann vereinbare am besten gleich ein kostenloses Kennenlerngespräch mit mir, um deine Situation und Möglichkeiten genauer zu besprechen! Ich freu mich auf dich!
Herzlicher Gruß mit Hut
Markus 🙂